In Wien wurden von der Wehrmachtsjustiz fünf Gefängnisse betrieben: Die Zentrale (WUG X) befand sich in Favoriten, eine der Nebenstellen war im Bezirk Neubau eingerichtet. Das Gebäude wird heute als Kindergarten und Wohnhaus verwendet. Es war Teil eines Unrechtsregimes das Deserteure, Selbstverstümmler, Saboteure, Wehrdienstverweigerer, usw. verfolgte. Seit Mai 2014 trägt es eine Informationstafel das seine Geschichte während der NS-Zeit erzählt.
Geschichte vor 1938
Das Gebäude war in der Monarchie als „Schottenhof“ bekannt da es immer dem Schottenstift gehörte. 1825/1826 erbaut, war es Armen- und Versorgungshaus, stiftliches Weinhaus und -keller. Seit 1850 hatte im Gebäude das Bezirksgericht seinen Sitz; es war für die Bezirke Neubau und Mariahilf zuständig. Das Haus verfügte über viele Amtsräume und Gerichtssäle, im Inneren des U-förmigen Baus auch mehrere Arrestzellen. Das Bezirksgericht wurde in die Erste Republik übernommen, ab 1931 kam eine Polizeidienststelle im Haus dazu. Schon 1932 übernahm die Polizei das Gebäude zur Gänze, das Bezirkgericht zog aus. Wohl auch deshalb wurde das Gebäude während der Novemberpogrome 1938 für kurze Zeit von der Polizei genutzt: Gefangen genommene Juden und Jüdinnen, insbesondere aus den Umlandbezirken Mödling und Baden, wurden hier kurzzeitig festgehalten.
Baulichkeit
Das Gebäude liegt an der Ecke eines Häuserblocks, Ecke Burggasse und Hermanngasse. Die zwei Haupttrakte wiesen Büroräume und große Gerichtsräume auf – heute sind dort Wohnungen und ein Kindergarten. Im hinteren Teil gab es mehrere Hafträume und Arreste. In der Monarchie boten die Zellen Platz für rund 40 Personen sowie eine Isolierzelle, ob diese Kapazitäten in der Ersten Republik oder im Nationalsozialismus erweitert geworden sind ist unbekannt.
Haftanstalt für die Wehrmacht
Wann genau die Wehrmacht in Neubau ein Gefängnis einrichtete ist unklar, vermutlich erst 1944/1945. Die meisten Häftlinge wurden aus der Zentralen Haftanstalt in Favoriten (WUG X) hierher verlegt. Entweder weil sie auf ihr Gerichtsverfahren oder nach der Verurteilung auf die Verlegung in ein anderes Gefängnis warten mussten. Einige Gefangene wurden auch verurteilt, ihre Strafen aber zur „Frontbewährung“ ausgesetzt: Das bedeutete, dass sie zum Beispiel ohne Ausrüstung an gefährlichen Frontabschnitten Minen räumen oder Verwunderte bergen mussten. Vor solchen Einsätzen kamen die Gefangenen meist für einige Wochen ins WUG II im 2. Bezirk. Auch Todeskandidaten befanden sich in der Hermanngasse: Sie verbrachten hier die letzten Wochen vor ihrer Hinrichtung im Landgericht I oder dem Militärschießplatz Kagran. Auch andere NS-Organisationen, etwa die Gestapo, durften auf das Gebäude und die Gefangenen zugreifen.
Bedeutung
Das WUG VII war eines der vier Nebenstelle im Gefängnis-Netzwerk der Wiener Militärjustiz. Nur wenige Akten zu Verfahren der Wehrmachtsjustiz sind erhalten geblieben. Trotzdem lässt sich sagen, dass viele hundert Wehrmachtshäftlinge in der Hermanngasse 38 einsaßen – Größtenteils wohl Untersuchungs-Häftlinge und Verurteilte, die auf ihren Weitertransport in die verschiedenen Formen des Wehrmachtstrafvollzugs warteten.
Befreiung April 1945
Über die Tage während der Befreiung ist nichts genaues bekannt. Die Haftanstalt wurde bis Ende März 1945 schrittweise evakuiert, die Gefangenen Richtung Westen getrieben. Ebenso wenig weiß man über den „leitenden Hauptmann“ des WUG VII, Emil Riedel. Nach der Befreiung 1945 übernahm das Schottenstift das Gebäude wieder, es beherbergte Büros, ein katholisches Verbindungsheim und seit 1984/85 einen Pfarrkindergarten. 2010 ließ das Stift das Haus grundlegend umbauen, die ehemaligen Zellen wurden zu Wohnraum umgewandeln. Nach Abschluss der Renovierung brachten am 8.Mai Mai 2014 der Abt des Schottenstiftes (Abt Johannes Jung) und der Neubauer Bezirksvorsteher (Thomas Blimlinger) eine Informationstafel zur Geschichte des Gebäudes an.
Fallbeispiel zum WUG Neubau: