Feldgericht Maxingstraße

Feldgericht in der Maxingstraße 20
Die Villa in der in der Maxingstraße 20 wurde 1938 enteignet und diente ab 1941 als Luftwaffen-Feldgericht. Als Gericht der NS-Militärjustiz war es Teil eines Unrechtsregimes das Deserteure, Selbstverstümmler, Saboteure, Wehrdienstverweigerer, usw. verfolgte.

Die Villa Trebitsch in der Maxingstraße 20, um ca. 1942 (Bild: Privatarchiv Mathias Lichtenwagner)

Die Villa Trebitsch in der Maxingstraße 20, um ca. 1942 (Bild: Privatarchiv Mathias Lichtenwagner)

Verwendung vor 1938
Die Villa ließ 1907/08 der Übersetzer, Lyriker und Journalist Siegfried Trebitsch erbauen. Nach dem „Anschluss“ 1938 war das Ehepaar Trebitsch zur Flucht gezwungen und musste sich verarmt und über 70-Jährige in der Schweiz ein neue Existenz aufbauen. Die gesamte Einrichtung der Villa wurde in einer „privaten Versteigerung“ unter BeamtInnen der Vermögensverkehrsstelle und deren Bekannten im Herbst 1940 entwendet. Mitte Jänner 1941 besichtigten erstmals Offiziere der Luftwaffe das Gebäude um es sodann für die Einrichtung eines Gerichts zu übernehmen.

Kriegsrichter des "Feldgericht des Höheren Fliegerausbildungskommandeurs 17" im Garten des Gerichts, Mai 1942 (Bild: Privatarchiv Mathias Lichtenwagner)

Kriegsrichter des “Feldgericht des Höheren Fliegerausbildungskommandeurs 17” im Garten des Gerichts, Mai 1942 (sitzend, 4.v.L.: Kriegsgerichtsrat Dr. Kunze, 5.v.L.: Kriegsgerichtsrat Dr. Schweiger) (Bild: Privatarchiv Mathias Lichtenwagner)

Luftwaffen-Gericht
Im Umfeld bestanden mehrere Einrichtungen der Luftwaffe, darunter die Zentrale des Höheren Fliegerausbildungskommandos 17 und die Luftwaffen-Kaserne am Küniglberg. Dies machte die Errichtung eines entsprechenden Gerichtes in Wien-Hietzing – weit abseits der anderen Wiener Militärgerichte – notwendig. Das Feldgericht des Höheren Fliegerausbildungskommandeurs 17 hatte ein relativ hohes Aufkommen an Verfahren, bis zu 70 pro Monat. Das Gericht war zumindest bis 1943 tätig, möglicherweise auch länger. Verfolgte der Luftwaffen-Gerichte saßen meist im WUG XXI in Wien-Floridsdorf ein, zum Tode verurteilte Soldaten der Luftwaffe wurden oft am Schießplatz Kagran hingerichtet,

Befreiung und Nicht-Rückgabe
Das Haus fiel nach der Befreiung 1945 als „Deutsches Eigentum“ der Republik Österreich zu, welche es 1946 sofort an die Tschechoslowakische Republik verkaufte. Seit diesem Zeitpunkt diente es als Residenz des tschechoslowakischen, seit 1993 als Wohnsitz des slowakischen Botschafters. Die „arisierte“ Villa und das „eingezogenes“ Vermögen wurde niemals restituiert, vor Ort erinnert heute kein Hinweis an Trebitsch oder das NS-Militärgericht – sehrwohl jedoch an den Architekten der Villa…

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Aktuelle Artikel

Symposium im Regierungsgebäude Stubenring am 23.1.2023

Am 23.1.2023 wurde vor dem Regierungsgebäude am Stubenring eine Gedenktafel von Bundesminister:innen Alma Zadić, Johannes Rauch, Norbert Totschnig und Martin Kocher enthüllt.

Das Symposium begleitete die Enthüllung der Gedenktafel inhaltlich und richtete sich an Wissenschafter:innen, Journalist:innen und vor allem an jene, die tagtäglich in diesem Gebäude arbeiten. Beim Symposium referierten Expert:innen zur Geschichte des Gebäudes und dem Wirken der NS-Militärjustiz in Wien.

Programm:

Eröffnung durch Johannes Rauch, Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

1. Referat: “Nationalsozialistische Verfolgung von Deserteuren und anderen Verweigerern” von Univ.-Prof.in Dr.in Maria Fritsche, Historikerin; derzeit Professorin an der Norwegian University of Science and Technology (NTNU), Trondheim/Norwegen.

2. Referat: “Das Regierungsgebäude am Stubenring als Zentrum der Verfolgung” von Mag. Mathias Lichtenwagner, Politikwissenschaftler; arbeitet für die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG Wien) im Bereich Kunstrückgabe.

3. Referat: “Handlungsspielräume von Gerichtsherren und Richtern” verfasst von Dr. Magnus Koch, derzeit Leiter des Arbeitsbereichs „Ausstellungen und Geschichte“ bei der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung, Hamburg, Deutschland. Kurator der Wanderausstellung „‚Was damals Recht war …‘ – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht“. Vorgetragen wurde das Referat von Leonhard Srajer.

4. Referat: “Opferfürsorge und Rehabilitierung” von Dr.in Brigitte Bailer, vormals Leiterin des Dokumentationsarchivs des Österreichischen
Widerstandes (DÖW). Arbeiten u.a. zu Nationalsozialismus, Verfolgung, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rückstellungs- und Entschädigungsgesetzgebung.

Moderation: Mag.a Maria Sterkl, DER STANDARD

Konzeption des Symposiums durch das „Personenkomitee ‚Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz‘“ und durch das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gefördert.

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  3. Gedenkveranstaltung für die Opfer der NS-Militärjustiz in Kagran 2021 Kommentare deaktiviert für Gedenkveranstaltung für die Opfer der NS-Militärjustiz in Kagran 2021
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